Lage:
Das Dorf Miltigau liegt an den westlichen Ausläufern des Kaiserwaldes an der alten Heeresstraße von Eger nach Pilsen in Westböhmen.
Etymologische Abeitung der Ortsnamen:
Miltigau: 1311 "Milikowe", 1370 "Milikaw" aus einem slawischen Personennamen mit dem Attribut "milo" = erbarmenswert" oder "mily" = lieb (s. Fischer Rudolf: Zur Namenkunde des Egerlandes. Reichenberg, Leipzig 1940, S. 21).
Leimbruck: Brücke über den Leibenbach, aus alttschechisch "Lùben oder Lobo, einem Personennamen,also "Bach des Luben", eingedeutscht zu "laim", Leimbach (s. Fischer, Namenkunde s. 18).
Schüttüber (Kleinschüttüber, mundartlich "Kleinschöd", "Kloascheeid") und Großschüttüber. 1299: "Schedober", 1311 "Scheduber", aus alttschechisch Szedovari = Pilzkocher (Fischer Namenkunde S. 32).
Ortsgeschichte:
Bei der frühesten Ortsanlage dürfte es sich in Form und sozialer Struktur um einen für die slawische Besiedlung typischen Rundling gehandelt haben (Ettel Ernst: Beiträge zur Geschichte des Egerer Kreisesunter besonderer Berücksichtigung der Orts- und Flurformen. Pressath 2004, S. 58).
Aus der Zeit der frühen deutschen Kolonisation im 13. Jahrhundert sind in der Nähe von Miltigau (Krottensee) noch Reste einer sogen. Motte, einem von einem Graben umgebenen hölzernen Wehrturm auf steinernem Fundament als burgähnlicher Wehrbau erhalten. Eine Exkursion der Universitäten Bamberg und der Karlsuniversität Prag stellten noch im Anschluß an diese Motte Relikte von 8 Bauernhöfen fest. Möglicherweise handelt es sich hier um die aufgelassenen Ortschaften Wolfhardtsgrün oder Schwarzenbach (siehe die Internetseite der Universität Bambrg https://www.uni-bamberg.de).
In dieser Zeit waren die Hohenberger (Berthold, Konrad d. Ä. und Konrad d. J. von Hohenberg) im Besitz einer Herrschaft, die sich von Hohenberg im Quellbereich der Eger über das spätere Sechsämterland bis Sandau und Königswart erstreckte. Mit dem Aussterben der Hohenberger 1285 fiel die Herrschaft später an die Adelsgeschlechter der Leuchtenberger, der Nothafte und der Hertenberger (s. Kubu Frantisek: Die staufische Ministerialität im Egerland. Pressath 1995, S. 155).
Zu Beginn des 14. Jahrhunderts waren die Orte Miltigau und Klein-Schüttüber im Besitze des Klosters Wadsassen. Als Konrad von Haslau, Richter des Vogtes von Plauen, von Untertanen des Klosters erschlagen wurde, einigten sich das Kloster einerseits und die Verwandten des Konrad von Haslau andererseits nach einem Schiedsspruch am 1. Nov. 1311 dahingehend, daß die Familie des Haslauers in dieser Sache auf weitere Maßnahmen gegen das Kloster verzichtete, wohingegen das Kloster der Witwe des Haslauers 60 Pfund Pfennige gibt, der durch Verpfändung des Zehnten von Miltigau, Kleinschüttüber und Ebersfeld erstattet wird.
Am 18. Nov. 1313 löst das Kloster Waldsassen die Verpfändung von Miltigau wieder aus (vgl. Gradl Heinrich:Geschichte des Egerlandes. Prag 1893, S. 143 und Monumenta Egrana I Nr. 617). Nach Version der Waldsassener Urkunde zu diesem Vorgang verzichtet Katharina, Witwe des Konrad von Haslau auf 2 Pfund Heller aus einer Verpfändung ihres verstorbenen Ehemannes gegenüber dem Abt Johann von Waldsassen (Archivaliensignatur StAAM, Kloster Waldsassen Urkunden 194).
Die Hertenberger erwarben im 16. Jahrhundert Besitz in Miltigau als Lehen der Landgrafen von Leuchtenberg.
Nach dem Elbogener Urbar der Grafen Schlick von 1525 gehörten u. a. die Orte der Umgebung von Miltigau zum Elbogener Kreis und wiesen folgende Besitzer aus:
Georg und Nickel von Hertenberg:
Miltigau: 4 Höfe und 9 Herbergen
Schönficht: 3 Herbergen
Krottensee: 1 ganzer Hof
Schüttüber: 1 ganzer Hof
Herrschaft Königsberg:
Schönficht: 1 ganzer Hof, 3 halbe Höfe, 3 Herbergen
Nicol Kotzaw von Krottensehe:
Krottensee: 1 Granhof, 1 Mühle, 1 Kretsche, 1 halber Hof und 6 Herbergen
Jobst von Globen:
Krottensee: 1 ganzer Hof
Rockendorf: 1 ganzer Hof, 1 halber Hof und 1 Herberge
Schönficht: 3 ganze und 3 halbe Höfe sowie eine Herberge
Albrecht Hysserlin:
Rockendorf: 4 ganze Höfe, 1 halber Hof und 1 Herberge
Moschau:
Rockendorf: 1 ganzer und 1 halber Hof
Hieronimus von Steinbach:
Rockendorf: 1 Herberge
Herrschaft Elbogen:
Schüttüber: 1 Hof
Sebastian Bergler:
Teschau: 3 halbe Höfe
Die Dörfer "Milikau","Crottensee", "Tescha" und "Steduber" gehörten 1525 bezüglich der Halsgerichtsbarkeit zum Königsberger Gerichtsbereich.
1651 war Miltigau nach dem Untertanenverzeichnis, erstellt durch die Reformationskommission, im Besitz der Anna Magdalena von Globen. Hier sind die einzelnen Bewohner persönlich unter Angabe des Alters und der Religionszugehörigkeit aufgelistet, nachfolgend nur die Familienväter angegeben:
- der Gutshof der Anna Magdalena von Globen mit 11 Bewohnern
- Hans Bencker, Richter,
- Barthel Nayser
- Mathes Fischer
- Peter Fischer
- Hieronimus Stingl
- Jobst von Hoff
- Andreas Franck, Schmied,
- Georg Hilpert
- Georg Meyer
- Michael Haidler
- Georg Böheimb
- Andreas Beck
- Martin Stingl
- Andreas Bencker, Schuster
- Mathes Lochner, Mulzer
- Michael Kroidl
- Michael Fischer (Herbiger)
- Adam Han, Müller
- Hans Schwartz, Schäfer
Das Dorf Miltigau umfaßte nach dieser Aufstellung zum Jahre 1651 insgesamt 104 Einwohner. Es fällt auf, daß sich einige Ehefrauen noch zum Luthertum bekannten. Für die Reformationskommission offensichtlich nur die Religionszugehörigkeit des Familienvorstandes von Bedeutung.
Im Jahre 1722 kam die Herrschaft in den Besitz der Jesuiten von Eger, die im Zuge der Enteignungen klerikalen Besitzes durch Kaiser Joseph II. in staatliche Verwaltung. Im 19. Jahrhundert fiel Miltigau an die Metternichsche Herrschaft Königsberg, später an Königswart.
1760 läßt Freiherr Christoph Ernst von Junker-Bigatto die alte in Kleinschüttüber stehende Burg in ein Schloß umbauen. Dieses Schloß wurde in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts abgerissen.
Mit dem Ende der Patrimonialverfassung von 1850 bildete Miltigau mit den benachbarten Siedlungen Klenschüttüber (mundartlich: Kleinschöd), Leimbruck, Teschau und Krottensee eine Gemeinde im Bezirk Königswart, kam später verwaltungsmäßig zum Bezirk bzw.später zum Landkreis Marienbad.
Der Gerichtsbezirk Königswart umfaßte nach der Zählung von 1910 insgesamt 16.454 fast ausschließlich deutschsprachige Personen, nur 6 Personen mit tschechischer Muttersprache. (Veröffentlichung durch die k. k. Statistische Zentralkommission in Wien von 1915).
Nach dem II. Weltkrieg wurden die durchwegs deutschsprachigen Bewohner hauptsächlich im Jahre 1946 in die Westzone (Hessen) vertrieben.
Pfarreizugehörigkeit:
Ab dem Jahre 1616 ist der Ort Miltigau im Kirchenbuch von Schönfeld erfaßt; nach der Kirchenbezirksreform von 1787 ist Miltigau zusammen mit den Ortschaften Kleinschüttüber, Rockendorf und Leimbruck in einem eigenen Pfarrbezirk zusammengefaßt.
Angaben zur Lenkfabrik (Abschrift aus: Schwartling Fritz: Miltigauer Haus- und Familienchronik von 1982):
Vor 1850 trieb der Miltigau- oder Liebensteig-Bach hier eine Papiermühle, dann eine Weberei. 1875/76 wurde von den aus Sachsen stamenden Brüdern Eduard und Karl Lenk eine Textil-Färber - und Druckerei mit Dampf- u. Wasserkraft errichtet. Eduard war der leitende Kopf. Als er in jungen Jahren starb, ging das Geschäft zurück. Die Firma hatte auch Einzelverkaufs-Grschäfte in Karlsbad, komotau, auch in Miltigau selbst.
Als nach dem Tod von Karl sein einziger Sohn Ferdinand die Fabrik übernahm, konnte sie dieser nicht halten u. verkaufte sie an die aus Ungarn stammende jüd. Firma "Eppinger & Söhne". Sie erweiterten den Betrieb durch moderne Maschinen (um 1903). Es wurden schöne mehrfarbige Stoffdrucke hergestellt (120 Beschäftigte!).
Zu der Zeit wurde Miltigau häufig von auswärtigen Geschäftsleuten und Offizieren der Egerer Garnison besucht u. von diesen zu einem Gefechtsschießplatz ausgebaut (links vom Markusgrüner Weg bis zum "Bouzet").
Nach wenigen Jahren des Aufschwungs fürchteten andere Fabrikanten die neue Konkurrenz. Sie kauften den Eppingers den Betrieb ab und ließen ihn einfach stehen. Wahrscheinl. spielte ach der fehlende Bahnanschluß eine Rolle. Viele Miltigauer wuden brotlos und waren gezwungen, abzuwandern. Die Kessel und Maschinen wurden fortgeschafft. Das beginnende Miltigauer Stadtleben war vorbei.
Die leeren Gebäude kaufte der Bankobmann Schwarz. 1909 ließ er die hölerne, hoch versicherte Trockenanlage abbrennen. Auch die anderen Gebäude wurden beschädigt.
Um 1900 war der Tagesverdienst bei 10-stündiger Arbeitszeit 80 Kreuzer bis zu 1. Gulden.
Die Ruinen kaufte 1909 der Maurermeister Georg Zuber sen. aus Lappitzeld. Er errichtete ene Kunstmühle mit einer Wasserturbine und ein Sägewerkmit 2 Bandgattern. Sein Sohn Georg wurde Baumeister. Sein Baubetrieb mit Zimmerei nahm bis 1939 einen guten Aufschwung. Besonders im egeren Egerland baute er viele Bauern- und Wohnhäuser.
Bild(er)
50-jähriges Jubiläum der Feuerwehr (1929)